Hand und Herz

Die Stiftung ,,Bürger helfen Bürgern” unterstützt die Einrichtung mit der Weihnachtsspendenaktion

Die Familienpflegestation des Frauenbunds springt ein, wenn Eltern ausfallen

Von Dr. Berndt Herrmann / Aichacher Zeitung

Echsheim – Einfache Arbeitstage gibt es bei den acht Familienpflegerinnen im Landkreis Aichach-Friedberg nicht. Denn Einsatzleiterin Andrea Mayr und ihre Kolleginnen sind immer dann im Einsatz, wenn Familien in Notlagen und Sondersituationen sind. Wenn beispielsweise die Mama wegen eines Unfalls länger ausfällt, oder wegen einer Erkrankung, einer problematischen Schwangerschaft oder einem längeren Aufenthalt in der Reha. Dann springt die Familienpflegestation des Frauenbundes ein und kümmert sich um Kinder und Haushalt – und alles, was sonst an Care-Arbeit anfällt. Familienpflegerinnen haben eine zweijährige Ausbildung hinter sich und sind hochqualifiziert vor allem sind bei dem Beruf auch Einfühlungsvermögen, psychische Stabilität und Durchhaltevermögen gefragt – und Herz. Denn wenn die Familienpflegerin in eine Familie kommt, herrscht dort eine Ausnahmesituation. Sie muss den ,,Laden nicht nur am Laufen halten, sondern auch damit zurechtkommen, dass Partner und Kinder unter Umständen schwer belastet sind. Das ist natürlich vor allem bei schweren, womöglich lebensbedrohenden Erkrankungen der Fall.Leider hatten gerade in der letzten Zeit Einsätze wegen Krebserkrankungen stark zugenommen, berichtet Andrea Mayr in ihrem Büro in Echsheim, wo die Einsatzzentrale der Familienpflegestation Aichach-Friedberg ist.

Das Gleiche gelte auch für psychische Erkrankungen. In solchen Fällen sind die Familien meist sehr lange auf die Unterstützung durch Familienpflegerinnen angewiesen. In der Regel teilen sich solche Einsätze dann zwei Kolleginnen, um die – psychischen und physischen – Belastungen in Grenzen zu halten. Eine andere Herausforderung: Jeder Einsatz ist anders. Vielleicht ist eine Familienpflegerin am Vormittag in einer Familie, in der die Mutter tödlich erkrankt ist, und am Nachmittag in einer, in der sie wegen eines vergleichsweise – harmlosen Beinbruchs ausfällt ,,Wir wissen nicht, was der nächste Einsatz bringt”: sagt. Andrea Mayr. Flexibilität ist in diesem Beruf in jeder Hinsicht gefragt. Es gibt auch Aufträge des Jugendamts, dass dann auch die Kosten übernimmt. Dort führen Andrea Mayr, die hin und wieder auch selbst Einsätze übernimmt, und ihre Kolleginnen in Familien, die mit ihrem Alltag nicht zurechtkommen und oft in vielerlei Hinsicht diverse Probleme haben, ein sogenanntes Haushaltsorganisationstraining durch.

Andrea Mayr ist seit dem Jahr 2000 Familienpflegerin, seit 2013 hat sie die Einsatzleitung übernommen. In dieser Zeit hat sie sozusagen hautnah erlebt, wie sich gesellschaftliche Veränderungen in den Familien abbilden. Etwa bei der Kinderbetreuung, so dass die Einsätze nicht mehr, wie früher oft, acht Stunden am Tag dauern, weil die Kinder in der Kita oder Mittagsbetreuung sind. Auch mit den Auswirkungen von Corona sind die Familienpflegerinnen immer noch konfrontiert. Die Kinder sind anspruchsvoller, fordernder, formuliert sie es vorsichtig. Eine Beobachtung, die auch Erzieher und Lehrerinnen machen.

Während der Pandemie ging die Arbeit der Station praktisch unverändert weiter – schließlich kommen Familienpflegerinnen nur in Notfällen. Maske und sonstige Vorsichtsmaßnahmen, soweit sie möglich waren, gehörten zum Arbeitsalltag. Eine weitere Auswirkung von Corona spürt die Familienpflege immer noch; Die Spenden brachen praktisch völlig ein. Bis heute hat sich das nur wenig verändert. Zwar werden die Helferinnen von der Krankenkasse, dem Sozialamt, Pflegekassen oder Berufsgenossenschaften bezahlt (einen Teil müssen die Familien selbst beisteuern), dennoch sind die Pflegestationen auf Spenden angewiesen. So könne man in besonderen Fällen auch mal schnell und unbürokratisch helfen. Wir sind so flexibler beschreibt es Andrea Mayr.

Familienpflegerin ist ein fordernder, anspruchsvoller Beruf, für den nicht jede und nicht jeder (es gibt kaum Familienpfleger) geeignet ist. Aber es ist auch ein erfüllender Beruf, bei dem viel Dankbarkeit erfährt. Die dauernde Konfrontation mit Krisen – und Notsituationen ist Andrea Mayr offensichtlich nicht aufs Gemüt geschlagen. Im Gegenteil sie ist ein Mensch mit ausgesprochen Positiver und optimistischer Ausstrahlung. Sie kann von Dankbarkeit erzählen, die die Helferinnen erfahren, und davon, wie schwer manchmal der Abschied von einer Familie fällt, die man für Wochen vielleicht sogar mehrere Monate begleitet hat. Und noch etwas hilft, die vielfältigen Belastungen des Berufes gut wegzustecken: „Ich habe ein wirklich tolles Team“