Helferinnen mit Herz

Eine Familienpflegerin (muss) viel geben, bekommt aber auch viel zurück – Eine mit Erfahrung erzählt

– Wer die ZDF-Serie „Frühling“ kennt, weiß, dass Simone Thomalla die Dorfhelferin spielt. Zu ihren Aufgaben gehört es, für Familien, alte oder alleinstehende Menschen zu sorgen, sei es in Form von kochen, putzen, Tiere füttern oder Kinder bespaßen. Auch im Landkreis Freyung-Grafenau gibt es sie – die Dorfhelferinnen. Doch wie wird man eigentlich Dorfhelferin und was ist an diesem Beruf so besonders? Die PNP hat nachgefragt.

Was gibt es Schöneres, als anderen zu helfen?

Für Irmgard Weinrauch, Einsatzleiterin beim Familienpflegewerk im Katholischen Deutschen Frauenbund gGmbH, war schon damals klar, dass sie Dorfhelferin werden wollte. Aufmerksam wurde sie auf den Beruf, als sie nach Abschluss der Schule in einer Broschüre der Agentur für Arbeit den Beruf zum ersten Mal las. Doch als sie erfuhr, dass die Ausbildung fünf Jahre – erst drei Jahre die Ausbildung zur Hauswirtschafterin und dann noch zwei Jahre Ausbildung als Dorfhelferin / Familienpflegerin – dauert, entschied sie sich vorerst dagegen und ging zunächst in Richtung Hotelfachfrau. Letztendlich wurde der Wunsch jedoch immer stärker, sie brach die Ausbildung schnell wieder ab und fing die Berufsausbildung zur Dorfhelferin an. „Während meiner Ausbildung habe ich nicht nur das Kochen, sondern auch viel im Bereich der Landwirtschaft gelernt.“

Dorfhelferin wird man, indem man drei Jahre eine Ausbildung im Bereich der Hauswirtschaft und anschließend zwei Jahre speziell zur Dorfhelferin macht. Auch die Ausbildung zur Familienpflegerin qualifiziert für den Beruf, allerdings thematisiert er den Aspekt Landwirtschaft nicht. Auch als gelernte Altenpflegerin kann man Dorfhelferin werden. Jedoch fehlt auch hier der landwirtschaftliche Aspekt, weshalb nur Familien ohne landwirtschaftlichen Betrieb in Frage kommen. Seit 1984 hat sie als Dorfhelferin gearbeitet – elf Jahre hauptamtlich, dann eine Zeit lang selbstständig und auch als ehrenamtliche Einsatzleiterin. 2017 wechselte sie dann zum Familienpflegewerk und begann ihre Arbeit als Einsatzleiterin.

„Jede Familie und jeder Fall ist individuell. Der einen Familie ist es wichtig, dass gut gekocht wird, die andere wiederum will Hilfe beim Putzen und wieder einer anderen ist es am wichtigsten, dass die Kinder gut versorgt werden“, weiß Irmgard Weinrauch aus Erfahrung. Doch nicht nur in ihren

Wir tun immer das gleiche, aber nie dasselbe

Bedürfnissen unterscheiden sich die Familien, sondern auch in ihren Schicksalsschlägen. „Wir haben oft alleinerziehende Mütter, die ein an Krebs erkranktes Kind haben oder selbst an einer Krebserkrankung leiden. Es gibt auch Familien, die bereits Kinder haben, aber Zwillinge erwarten oder die mit einer Risikoschwangerschaft kämpfen. Aber auch Alleinstehende oder Senioren, die aufgrund einer Krankheit, eines Unfalls oder des Alters nicht fähig sind, sich allein um alles zu kümmern, sind auf die Hilfe einer Familienpflegerin angewiesen.“ Doch wer zahlt das alles?

Für den Lohn der Familienpflegerinnen im Landkreis FRG und auch im Rest Bayerns kommen in der Regel die Krankenkassen auf. Diese genehmigen die Stunden, die der Familie an Hilfe zustehen und zahlen somit das Gehalt der Helferinnen. Doch leider ist das nicht immer so. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen dringend Hilfe benötigt wird, aber noch keine Zahlungszusage von der Krankenkasse vorliegt. Hier gehen das Familienpflegewerk in Vorleistung, denn am Ende zählt die Hilfe, die sie bei den Betroffenen leisten können. Und weil es leider auch immer wieder Fälle gibt, in denen die Krankenkassen nicht zahlen, auch wenn großer Bedarf besteht, kann das Team auf sein Spendenbudget zurückgreifen. „Die Spendenfinanzierung ist für uns enorm wichtig, denn sie ermöglicht uns Handlungsspielraum und Entscheidungsfreiheit. Durch den Spendenpuffer haben wir immer etwas, worauf wir zurückgreifen können, wenn die Krankenkassen ihre Hilfe verweigern“, erklärt die Einsatzleiterin.

Was fast noch wichtiger ist als die Finanzierung, ist das Miteinander. „Die Chemie muss stimmen!“ Doch das ist nicht immer garantiert. Sie hatte schon Fälle, bei denen Dorfhelferin und zu betreuender Fall nicht kompatibel waren. Und das ist auch in Ordnung. „Man muss auch dazu sagen, dass die Familien nicht leichter, sondern anstrengender werden!“

Es gibt Familien, die wurden zu Freunden

„Ich hab Familien, die sind einfach nur unendlich dankbar für unsere Hilfe“, erzählt Irmgard Weinrauch. Und manchmal wird aus Dankbarkeit Freundschaft. „Eine Frau aus einer Familie, die ich betreut habe, hat anschließend als selbstständige Kraft bei mir gearbeitet. Eine andere Familie hat bei meiner Hochzeit die musikalische Begleitung übernommen. Und wieder eine andere hat mich bei unserem Hausbau unterstützt.“ Allerdings sind nicht alle so dankbar. Es gibt auch vereinzelt Fälle, die der Einsatzleiterin klar und deutlich sagen, dass ihnen Hilfe zusteht und sie diese auch einfordern. Familienpflegerin ist ein sozialer Beruf und somit nah dran am Menschen. Nicht so nah, dass das Personal, außer in äußerst seltenen Fällen, in dem Haushalt übernachtet, aber doch so nah, dass sie mitbekommen, was die Menschen belastet. Oftmals leiden Familien unter schweren Schicksalsschlägen, beispielsweise Kinder

„Vielfältig – und es wird nie langweilig“

oder Eltern, die an Krebs erkrankt sind. Solche Situationen können sehr belastend für die Dorfhelferinnen sein. Deshalb findet mehrmals im Jahr eine Supervision statt, in der sie die Möglichkeit haben, mit anderen über ihre Probleme und Dinge, die sie belasten, zu sprechen.

Ist bei so viel Einsatz noch Zeit für die eigene Familie? Diese Frage kann die ehemalige Dorfleiterin mit einem klaren Ja beantworten. „Unser Job ist sehr flexibel. Wenn eine Familienpflegerin sagt, dass sie nachmittags oder abends nicht arbeiten kann, weil sie ein kleines Kind zu Hause hat, dann frage ich eine andere Kollegin, die vielleicht schon ältere Kinder hat oder für die es einfach kein Problem ist, zu diesen Tageszeiten zu arbeiten.“

Der Beruf der Dorfhelferin / Familienpflegerin zählt zu den Nischenberufen. Auch wenn das Team in der Region gut vernetzt ist, ist es schwierig, an neue Kräfte zu kommen. Erschwerend hinzu kommt der Faktor Bezahlung. Deshalb muss Irmgard Weinrauch oft entscheiden, wem sie Hilfe bewilligt und wem sie sie verweigert.

Für die Einsatzleiterin der Familienpflegestationen Freyung-Grafenau, Regensburg und Freising ist es trotzdem ein besonderer Beruf. „Weil man selbstständig mit Menschen arbeitet, der Beruf so vielfältig ist, es nie langweilig wird und man Menschen helfen kann.